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Publikation

Von Chaos zur Klarheit

Wie 50.000 Mitarbeiter von einer verbesserten Informationsarchitektur profitieren

Lesezeit: ca. 5′ 00″

Volkswagen PartnerNet und ServiceNet dienen als zentrale Informationssysteme für etwa 50.000 Nutzer in rund 2.400 Autohäusern in Deutschland. Diese Systeme, die mehr als 70.000 Dokumente und Artikel umfassen, bedienen verschiedene Bereiche wie Verkauf, Disposition, Marketing, Service, Werkstatt und Teiledienst. Die Informationsbedürfnisse sind sehr unterschiedlich und reichen von allgemeiner Informationsbeschaffung bis hin zu spezifischem, kontextspezifischem Informationsabruf.

Nutzeranforderungen und Systemüberarbeitung

Zu Beginn des Projekts waren die detaillierten Nutzeranforderungen weitgehend unbekannt. Die bestehenden Systeme wurden über Jahre hinweg kontinuierlich weiterentwickelt und den aktuellen Informationsanforderungen angepasst. Dennoch bildeten die gewachsenen Strukturen, die stark aus einer internen Sichtweise heraus entstanden sind, in vielen Fällen nicht mehr die täglichen Nutzeranforderungen ab. Zudem entsprach die starke Trennung der Bereiche Verkauf (PartnerNet) und Service (ServiceNet) nicht der gelebten Organisationsstruktur in den Autohäusern. Daher waren die Zusammenlegung der Systeme, die Neustrukturierung der Inhalte und die Entwicklung alternativer Zugangsstrukturen notwendig.

Nutzerzentrierter Entwicklungsansatz

Aufgrund der Unsicherheit über die aktuellen Nutzungskontexte und Informationsanforderungen der Nutzergruppen im Autohaus war ein nutzerzentrierter Entwicklungsansatz erforderlich. Die Rolle des User Experience Teams, der Informationsarchitekten und User Interface Designer war im Entwicklungsprozess vielfältig. Wichtige Meilensteine und Herausforderungen im Projekt umfassten die Evaluation der Nutzerbedürfnisse im Berufsalltag durch aktive Integration der Nutzer, den Entwurf einer nutzergerechten Informationsarchitektur für etwa 70.000 Einzeldokumente und 15 Nutzergruppen im Autohaus sowie das Management und die Kommunikation des Entwicklungsprozesses zwischen den beteiligten Fachbereichen, der Konzern-IT und externen Programmierdienstleistern.

Der Entwicklungsansatz gliederte sich in drei Hauptachsen: Entwurf und Design, Experten- und Nutzerinteraktion sowie Konzept, Definition und Optimierung. Entwurf und Design arbeiteten in einem ständigen Zusammenspiel mit der Experten- und Nutzerinteraktion, um die adäquate Methode und den entsprechenden Output für die Evaluation und Optimierung bei den Nutzerinteraktionen zu erreichen. Dies ermöglichte eine flexible und praxisorientierte Nutzerintegration. Die Ergebnisse aus diesen Bereichen wurden in der Konzept- und Definitionsphase vereint, um eine durchgängige und logische Informationsarchitektur zu entwickeln.

Persona Design und User Stories

Zu Beginn wurde das Persona Design und die Erstellung von User Stories durchgeführt, um die Grundlage für den nutzerzentrierten Designansatz zu legen. Dies beinhaltete die Reduktion auf die entwurfsrelevanten Archetypen aus den verschiedenen Bereichen des Autohauses. Anhand der Archetypen wurden die täglichen Nutzungsfälle im Arbeitsalltag durch User Stories abgebildet, was dazu beitrug, 80% der Struktur- und Funktionsanforderungen an das Gesamtsystem abzudecken.

Ziel

Ziel der Nutzerinteraktion war es, die Bedürfnisse und Anforderungsstrukturen an das zukünftige Volkswagen InfoNet aus Sicht der Anwender in den verschiedenen Autohausbereichen zu definieren und im weiteren Projektverlauf den Entwurf aus Anwendersicht zu überprüfen und zu optimieren. Methoden wie der Expert UX-Check, integrative Entwurfsworkshops, qualitative Fokusgruppen, Kontext-Interviews und Nutzertests wurden eingesetzt, um relevante Entwurfsindizien zu sammeln, Optimierungspotenziale zu identifizieren und eine positive Grundakzeptanz für das neue System zu schaffen.

Designprozess und Prototyping

Das schnelle (Hand-)Scribble des geplanten Entwurfs stellte einen guten Einstiegspunkt in den Designprozess dar und ermöglichte die frühe Integration der verschiedenen beteiligten Fachabteilungen. Die Digitalisierung der Entwürfe durch Wireframe-Design schuf eine flexible und einfach skalierbare Grundlage für die effiziente Vervielfältigung verschiedener Screenansichten. Die Überführung der Wireframes in User Interface Screens fokussierte das Skinning, also das Oberflächendesign. Dabei wurden systematisch klare Standards festgelegt, um bei der Vielzahl der Einzelelemente ein einheitliches und wiedererkennbares Gesamtbild zu erreichen. Rapid Prototyping, Klickdummies und Simulationen des Realsystems zielten darauf ab, das Design, die Informationsarchitektur und die Interaktionsstrukturen erfahrbar zu machen und zu überprüfen.

Anpassungs- und Optimierungsprozess

Die Prozessachse Konzept, Design und Definition vereinte die Ergebnisse aus den Nutzerinteraktionen und den Entwurfsschritten. Parallel dazu wurde ein ständiger Anpassungs- und Optimierungsprozess der Informationsarchitektur und des User Interface entlang der Nutzeranforderungen angestoßen und durchlaufen. Die User Interface-Elemente wurden standardisiert und die erforderlichen Design- und Interaktionsspezifikationen detailliert für die Programmierungsumsetzung festgelegt. Ziel war es, standardisierte UI-Elemente mit hoher Flexibilität und Skalierbarkeit für die Umsetzung und die spätere Weiterentwicklung des Systems zu schaffen.

Grundlegende Entwurfsansätze

Grundlegende Entwurfsansätze des entwickelten Systems beinhalteten eine Informationsarchitektur, die dem Grundsatz "Analog ist Digital" folgt. Die Hauptbereiche der Navigationsstruktur orientieren sich an der typischen Organisationsstruktur im Autohaus, um eine einfache und intuitive Orientierung zu unterstützen. Die Integration personalisierter, funktionsbezogener Bereiche, alternative Zugangssysteme für kontext- und aufgabenspezifische Nutzeranforderungen sowie eine individuelle Toolbar mit Schnellzugängen und Tools waren weitere wesentliche Merkmale des Systems. Diese Ansätze zielten darauf ab, die Effizienz und die gezielte Informationsdarstellung für die Anwender zu verbessern.

Rolle der Informationsarchitekten und UI Designer

Informationsarchitekten und User Interface Designer können eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von UI-Großprojekten auf Konzernebene einnehmen und den interdisziplinären Entwicklungsprozess zwischen den beteiligten Stakeholdern positiv vorantreiben. Die visuelle und simulationstechnische Vermittlung der Entwürfe, Oberflächen und Interaktionsstrukturen schaffte eine gemeinsame Kommunikationsgrundlage, die für ein gemeinsames Verständnis auf technischer und fachlicher Seite erforderlich war. Dies stellt eine neue Herausforderung und Chance für User Experience Teams dar.

Erschienen in

Usability Professionals 2012

Jahr

2012

Autoren

Oliver Gerstheimer, Sebastian Ammermüller, Gesa Nolte

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