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Methodik

Co-Creation stellt eine effektive Methode dar, um Stakeholder aktiv in den Konzeptions- und Designprozess digitaler Produkte wie Websites einzubeziehen. Diese Methode, auch als Co-Design, Participatory Design oder Generative Method bekannt, basiert auf dem Prinzip der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen zukünftigen Nutzern und Unternehmen während der Produktentwicklung. In Co-Creation betrachten wir den Nutzer nicht nur als passiven Informanten, sondern als aktiven Mitgestalter. Im Gegensatz zu traditionellen unternehmensgetriebenen Ansätzen können Kunden in der Co-Creation ihr Produkt entsprechend ihrer Präferenzen formen, was echte Mehrwerte schafft.

Eine erfolgreiche Co-Creation erfordert die Auswahl geeigneter Mittel, um die Anforderungen der Stakeholder in das Website-Design zu übertragen.

Anhand eines Best-Practice-Beispiels wird beschrieben, wie Co-Creation in komplexen Website-Projekten eingesetzt werden kann. Ziel ist es nicht nur, eine qualitativ hochwertige Website-UX zu entwickeln, sondern auch die in solchen Fällen häufig auftretenden hohen Projektkosten und -zeiten zu reduzieren. Dabei übernehmen Designer organisatorische, kommunikative und gestalterische Aufgaben in allen Projektphasen.

Projektbeschreibung

Das Projekt konzentrierte sich auf den Relaunch der Website des international tätigen deutschen Saatgutspezialisten KWS SAAT SE. Das Ziel war es, die Website kunden- und marktgerecht zu gestalten und neue digitale Services und Tools nahtlos in das Produktportfolio zu integrieren. Co-Creation sollte sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Stakeholder in das Website-Design einfließen. Die Kundenzentrierung in der Co-Creation wurde hauptsächlich durch die Sales-Personen erreicht, von denen 80 % selbst Landwirte sind und somit die zukünftigen Website-Besucher repräsentieren.

Quantität, Qualität und Zeit

Zu Beginn des Projekts standen nur 10,5 Monate bis zum Website-Launch zur Verfügung. Wir hatten über 380 individuelle Subseiten-Typen, und der vorhandene Content war vielfältig, redundant und nicht für das Web optimiert. Die Website sollte nicht nur unter UX-Gesichtspunkten überarbeitet werden, sondern auch inhaltlich konsolidiert werden.

Analoges Mindset der Stakeholder

Die Stakeholder hatten jahrelang Inhalte aus Printmedien einfach in die Online-Präsenz kopiert. Das Verständnis für die optimale Umsetzung des Corporate Designs im digitalen Umfeld fehlte, und die Motivation zur Digitalisierung war gedämpft.

Internationale Business Units (BUs)

Über 80 Personen waren Stakeholder in diesem Projekt, und die internationalen BU-Strukturen mussten integriert werden. Jede BU hatte ihre eigenen Produkte, Ziele und Prioritäten, was zu Silodenken führte.

Einbindung eines externen IT-Dienstleisters

Die Designs wurden mit dem Kunden iteriert und dann an ein externes IT-Unternehmen zur Programmierung übergeben.

Nachhaltige Co-Creation mit den Redakteuren

Die Content-Befüllung sollte den Landwirten und Sales Managern obliegen. Die Redakteure waren jedoch oft unerfahren im Umgang mit Websites.

Das Vorgehen in diesem Projekt bestand aus insgesamt zwanzig internationalen Workshops, in die zunächst die Leiter der BUs, dann die Sales-Experten und schließlich die Redakteure einbezogen wurden. Allen Stakeholdern wurden in verschiedenen Design-Phasen dieselben Zielbilder vermittelt, um eine gemeinsame Website-Vision zu entwickeln.

Zielbilder

Die Zielbilder konzentrierten sich auf die Halbierung des Contents und die Optimierung der Informationsarchitektur entsprechend dem Benutzerverhalten im Web. Wir ordneten die Website-Struktur nach Relevanz und Benutzerfrequenz neu, um Produkt- und Service-Informationen klar voneinander zu trennen und dennoch logisch zu verknüpfen. Dies trug dazu bei, dass digitale Tools und Services besser gefunden wurden.

Analyse

Wir führten eine SEO-Analyse durch, um herauszufinden, für welche Inhalte sich die Landwirte tatsächlich interessierten. Anhand dieser Erkenntnisse erstellten wir Personas und verwendeten sie in Content-Workshops zur Priorisierung von Inhalten. Das Ergebnis war eine konsequente Halbierung aller Website-Inhalte durch präzise Content-Verdichtung und Entfernung redundanter Informationen.

Entwicklung

In Layout-Workshops konzipierten wir Start- und Landingpages, um die optimale Platzierung von Informationen sicherzustellen. Prototypen und klickbare Low-Fidelity-Prototypen wurden in den Designprozess integriert, um das Design zu überprüfen und iterativ zu optimieren.

Wir entwickelten ein Migrationskonzept, um die agile Programmierung und iterative Umsetzung im CMS zu ermöglichen. Die Programmierung erfolgte in Etappen, wobei das Design-Büro direkt nach jeder Etappe die Website im CMS aufbaute. Der Go-Live der Website wurde um 7 Monate unterschritten, und nur 45 % der Inhalte der Vorversion wurden in die neue Website übertragen, wodurch hohe Übersetzungskosten eingespart wurden.

In diesem Projekt wurde deutlich, dass Designer nicht nur für das Design verantwortlich sind, sondern auch organisatorische und kommunikative Aufgaben übernehmen müssen. Das Ziel sollte sein, den Content zu halbieren und gleichzeitig die Aussagekraft zu verdoppeln. Die Visualisierung und das Rapid Prototyping sind entscheidend, um die Stakeholder einzubeziehen und Lösungen zu entwickeln. Die Wahl der richtigen Tools in der Co-Creation ist entscheidend, und die Kommunikationskultur und der Dialog zwischen den Stakeholdern sind von großer Bedeutung.

Fazit

Insgesamt zeigt dieses Projekt, wie Co-Creation erfolgreich in komplexen Website-Projekten eingesetzt werden kann, um die Qualität zu steigern, Projektkosten und -zeiten zu reduzieren und eine gemeinsame Vision zu schaffen. Die Erkenntnisse sind auf ähnliche Projekte anwendbar, insbesondere in Bereichen, in denen ein analoges Mindset vorherrscht.

Erschienen in

Mensch und Computer 2018 – Usability Professionals

Jahr

2018

Autoren

Oliver Gerstheimer, Gesa Nolte, Sören Winkelmann, Romy Kniewel

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