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Unternehmensfokus und Zielsetzung

B. Braun, ein weltweit agierender Medizintechnikhersteller, fokussiert sich auf die Digitalisierung des Infusionsmanagements in Krankenhäusern zur Verbesserung von Sicherheit und Risikomanagement. Ziel ist die nachhaltige Positionierung von Infusionspumpen durch die Entwicklung eines ganzheitlichen, medizinischen Softwareprodukts. Diese Neuentwicklung muss hohe Sicherheitsstandards erfüllen und verschiedene Anforderungen von Hardware-Herstellern, Software-Entwicklern, Marketing- und Vertriebsteams sowie Krankenhauspersonal berücksichtigen. Dabei liegt der Fokus auf der Minimierung von Bedienfehlern durch Anwender.

Entwicklung und Anwendung

Die Entwicklung eines solchen Softwaresystems besteht aus vier aufeinander aufbauenden Anwendungen zur Optimierung des Infusionsmanagements in Krankenhäusern: Drug Library Manager, Upload Manager, OneView und DoseTrac. Diese Applikationen unterstützen die Konfiguration von Medikamentendatenbanken, den Upload der Daten auf Infusionspumpen, die Überwachung des Pumpenbetriebs und die Datenanalyse im Krankenhaus.

Ein gutes User Interface bildet die Grundlage eines erfolgreichen Produkts, jedoch liegt der entscheidende Erfolg in der fortschreitenden Entwicklung unter Anwendung von User Experience (UX) Methoden. Der UX-Designansatz konzentriert sich nicht nur auf hohe Usability und kundenzentrierte User-Interface-Gestaltung, sondern umfasst alle kundenorientierten Touchpoints – von Manuals und User Guides bis hin zu Marketingmaterialien und Package-Design.

Prozess

Das Entwicklungsvorgehen des Total UX Designs erstreckt sich über einen Zeitraum von circa drei Jahren und kann in vier Hauptbereiche gegliedert werden: „Analysis & Requirements“, „Concept & Creation“, „Iteration & Optimization“ und „Definition & Transfer“. In den ersten beiden Entwicklungsphasen liegt der Fokus auf kontextueller Anforderungsanalyse, Software-Spezifikation und der Entwicklung von Informationsarchitektur und UI-Design-Restriktionen. Aktivitäten wie User-Stories, Use-Case-Struktur und iterativen Entwurfsworkshops werden gemeinsam mit den Entwicklungsteams durchgeführt.

Anforderungsanalyse und Personas

Die kontextuelle Anforderungsanalyse basiert auf der Integration relevanter Nutzergruppen durch qualitative Fokusgruppen und Kontext-Interviews sowie der Identifikation und Priorisierung von Anforderungen beteiligter Stakeholder. Die Entwicklung typischer Nutzerrollen im Krankenhaus, auch als Personas bezeichnet, gewährleistet eine praktikable Entwurfsplattform. Diese Personas helfen, die verschiedenen Nutzungskontexte und Anforderungen zu verstehen und die Use Cases entsprechend zu gestalten.

Konzept, Visualisierung und Iterationen

In der Konzeptphase erfolgt die grundlegende Entwicklung der Informationsarchitektur mittels Scribbles und Wireframes. Die Visualisierung ermöglicht eine effiziente Darstellung und Prüfung von Layouts und Funktionen, bevor sie in detaillierte Wireframe-Screens überführt werden. Das User Interface Design zielt darauf ab, ein einfaches und übersichtliches Design zu schaffen, das den Anforderungen nach schneller Lesbarkeit entspricht.
In der Iterationsphase steht das Prozess- und Risikomanagement durch Nutzertests im Vordergrund. Walkthroughs und Rapid Prototyping werden genutzt, um die Funktionen der Anwendungen zu prüfen und auf Alltagsanforderungen anzupassen. Die Usability Validation erfolgt anhand definierter Testfälle, die von Anwendern unter Laborbedingungen durchgeführt werden. Diese Tests überprüfen die Gebrauchstauglichkeit und Akzeptanz der Software.

Projektabschluss

Die letzte Projektphase „Definition & Transfer“ umfasst die Standardisierung der Produktspezifikationen und die Unterstützung in den Bereichen Marketing und Rollout-Planung. Aktivitäten wie Namensfindung, Keyvisual- und Logo-Entwicklung sowie Packaging-Design werden durchgeführt. Ein internes Marketing & Sales Kit wird erstellt, um das neue Softwareprodukt intern zu schulen und extern zu vermarkten. Dieses Kit umfasst Präsentationsmaterialien zur strategischen Ausrichtung des Produkts, Funktionsweise und Nutzen sowie häufig gestellte Fragen.

Drug Library Manager

Der Drug Library Manager ermöglicht die zentrale Erstellung und Verwaltung von Medikamentenlisten und Therapieprofilen. Der Upload Manager erleichtert den Transfer der Datenbanken auf die Pumpen. OneView bietet eine zentrale Überwachung der Infusionssysteme und eine schnelle Orientierung durch Ampel-Farbcodes. DoseTrac unterstützt die Datenanalyse und Qualitätsmanagement durch individuell anpassbare Reports.

Nutzerzentrierte Entwicklung

Informationsarchitektur und UI-Design basierend auf einem nutzerzentrierten Ansatz sind entscheidend für die Entwicklung eines erfolgreichen Produkts. Der frühe Einbezug wichtiger Stakeholder und die transparente Vermittlung zwischen Software- und Hardware-Entwicklern, Marketing und Anwendern schaffen ein valides Entwicklungsframework. Effektive Visualisierung ist ein wesentlicher Faktor für ein gemeinsames Projektverständnis. Der UX-Designansatz wird auch auf alle produktbegleitenden Elemente angewendet, um eine erfolgreiche Produktwahrnehmung sicherzustellen.

Schlüsselfaktor
User Experience

Die Anwendung des UX-Ansatzes zu jedem Zeitpunkt im Entwicklungsprozess kann als Schlüsselfaktor für ein erfolgreiches Produktdesign angesehen werden. User Experience umfasst dabei die konsequente Ausrichtung sämtlicher Aktivitäten auf die jeweilige Zielgruppe und deren Nutzungskontext, was für die Integration der tatsächlichen Endnutzer ebenso wichtig ist wie für interne Produktmarketing-Strategien. Der Beitrag zeigt, dass der User Experience Ansatz weit über die eigentliche Gebrauchstauglichkeit der Software hinausgeht und sämtliche produktumgebenden Elemente einschließt, um den Grundstein für eine erfolgreiche Produktwahrnehmung zu legen.

Erschienen in

UP14 – Vorträge

Jahr

2014

Autoren

Oliver Gerstheimer, Sebastian Ammermüller, Matthias Paetzold