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Einführung

Die Entwicklung eines modularen und flexiblen UI/UX-Designsystems für Ladesäulen der Elektromobilität stellt eine zentrale Herausforderung dar, insbesondere in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit für verschiedene Zielgruppen. Die Gestaltung von Bedienoberflächen für Ladesäulen erfordert dabei besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich der möglichen Ladeleistungen, der verschiedenen Ladesteckertypen und der Vielfalt der zu ladenden Fahrzeugtypen. Um ein durchgängiges Design für unterschiedliche Ladesäulen zu gewährleisten, ist es notwendig, ein System zu entwickeln, das anpassbar und skalierbar ist, gleichzeitig aber auch einen konsistenten Nutzungskomfort bietet.

Designsystem

Ein Designsystem ist eine Sammlung von UI-Komponenten, Designstandards und Prinzipien, die es ermöglichen, Lösungen effizienter zu gestalten und produktübergreifend Konsistenz zu schaffen. Dies vermeidet Designwidersprüche und unterstützt verschiedene Teams dabei, das Design schneller und effizienter umzusetzen. Die Grundlage für die Entwicklung dieses Systems war die Schnellladesäule SICHARGE D von Siemens, die später zur Basis für die Entwicklung weiterer Ladesäulen-Familien wurde.

Co-Creation

Ein zentrales Element des Designprozesses war die Methode der Co-Creation, bei der verschiedene Stakeholder, einschließlich Siemens-Experten und Endnutzer, in den Prozess eingebunden wurden. Dies ermöglichte es, neue Werte und Lösungen zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen der Nutzer als auch den technischen Anforderungen gerecht werden. Die Analyse der Zielgruppen ergab, dass zukünftige Nutzer von Ladesäulen nicht nur erfahrene Elektromobilisten sein werden, sondern auch Neueinsteiger, Nutzer mit besonderen Bedürfnissen wie Rollstuhlfahrer und internationale Gruppenreisende, die auf unkomplizierte und intuitive Bedienoberflächen angewiesen sind.

Benchmark

In einer Benchmark-Analyse wurden 20 bestehende Ladesäulen verschiedener Hersteller untersucht, um die besten Ansätze zu identifizieren und daraus ein modulares Designsystem abzuleiten. Es wurde festgestellt, dass die meisten Ladesäulen modular aufgebaut sind und es ermöglichen, zusätzliche Funktionen je nach Nutzungsszenario und Betreiberanforderungen zu integrieren. Zu den wesentlichen Modulen gehören die Lademodule, Steckplätze, Displays, Bedienpanels und Authentifizierungssysteme. Diese Erkenntnisse flossen in die Zielparameter für das UI/UX-Design ein.

Architektur

Die Informationsarchitektur der Bedienoberfläche wurde pyramidal strukturiert, um verschiedene Ebenen der Zugänglichkeit zu ermöglichen. Auf der obersten Ebene sollten die essenziellen Informationen zum Ladevorgang dargestellt werden, während tiefere Ebenen technische Details und Hilfsinformationen bieten, die nur bei Bedarf aufgerufen werden können. Diese Architektur ermöglichte es dem Nutzer, je nach Situation zwischen einem „kurzen Weg“ (schnelles und einfaches Laden) und einem „langen Weg“ (mit detaillierten Informationen) zu wählen.

Mehrwert

Ziel war es, nicht nur das bloße Laden zu ermöglichen, sondern dem Nutzer einen echten Mehrwert zu bieten. Beispielsweise könnten freie Ladesäulen in der Nähe angezeigt oder nützliche Zusatzinformationen bereitgestellt werden. Zudem sollten technische Informationen verständlich und visuell ansprechend aufbereitet werden, sodass sie für alle Nutzer zugänglich sind, unabhängig von ihrem technischen Wissen. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Dialogisierung und Interaktion mit dem Nutzer: Die Bedienoberfläche sollte nicht nur statische Informationen bereitstellen, sondern den Nutzer durch den Ladevorgang leiten und bei Problemen hilfreiche Hinweise geben.

Anpassung

Die Bedienoberfläche sollte adaptiv auf die Bedürfnisse der Nutzer reagieren, etwa durch eine Umschaltung zwischen Tag- und Nachtmodus oder eine automatische Anpassung der Anzeige an das Umgebungslicht. Zudem wurde ein höhenverstellbares Display entwickelt, das auch für Rollstuhlfahrer optimal bedienbar ist. Eine Fernbedienungs-App (Remote-Twin-App) sollte es ermöglichen, den Ladevorgang auch aus dem Auto heraus zu steuern, was besonders bei schlechtem Wetter von Vorteil wäre.

UX-Testing

Im UX-Testing des entwickelten Basisdesigns mit elf Experten wurde das Layout als übersichtlich und intuitiv bewertet. Der Startbildschirm ermöglichte einen schnellen und einfachen Einstieg in den Ladevorgang, und die Bedienung wurde insgesamt als vertrauenswürdig und sicher eingeschätzt. Optimierungsbedarf bestand jedoch hinsichtlich der Klickflüsse und des Wording der Buttons, die klarer und eindeutiger formuliert werden sollten. Auch eine stärkere Dialogisierung wurde gewünscht, etwa durch personalisierte Nachrichten während und nach dem Ladevorgang.

Feinkonzept

In der Feinkonzeption wurden verschiedene Designansätze für die visuelle Darstellung und Tonalität der Bedienoberfläche entwickelt. Durch dynamische Visualisierungen und kontextuelle Hilfsinformationen sollte der Nutzer schnell und effizient durch den Ladevorgang geleitet werden. Weitere UI-Komponenten wurden integriert, um die Authentifizierung und das schnelle Laden zu erleichtern. Diese Optimierungen wurden in einem High-Fidelity-Mockup getestet, der mit neun potenziellen Nutzern evaluiert wurde. Die Nutzer konnten alle Aufgaben erfolgreich absolvieren, und das Design wurde als äußerst benutzerfreundlich bewertet.

Komponenten

Das entwickelte Designsystem umfasste schließlich 184 Bestandteile, darunter Rastermodule, Grafiken, Symbole, Icons und Schrift-Formatierungen. Es wurde darauf geachtet, dass die Inhalte auch bei schlechten Lichtverhältnissen gut lesbar sind und eine barrierefreie Bedienung ermöglicht wird. Zudem sollten die Textelemente kurz und prägnant gehalten werden, um verschiedene Sprachen ohne Anpassungen abzubilden. Das Designsystem erwies sich als nachhaltig und konnte zur schnellen Anpassung und Entwicklung weiterer Benutzeroberflächen für Siemens Ladesäulen genutzt werden. Es ermöglichte eine effiziente Skalierbarkeit und Flexibilität für den internationalen Markt, ohne dabei Kompromisse bei der Benutzerfreundlichkeit einzugehen.

Jahr

2021

Autoren

Oliver Gerstheimer, Romy Kniewel, Gesa Nolte, Stephan Hühne, Markus Boehm, Moritz Ingerfeld

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